Samstag, 24. Januar 2009
 
Alle Macht für Nicolas Sarkozy!! PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Johann Schögler   
Freitag, 18. Mai 2007

Frankreich nach den Präsidentschafts- und vor den Legislativwahlen: Das breite Volksvotum (53,06% zu 46,94%) mit 2,2 Millionen Stimmen Vorsprung gegenüber Royal ermöglicht es ihm zur vorgesehenen raschen Umsetzung seines ultraliberalen Programms zu schreiten.

Zudem stützt er sich als rücksichtloser Ausnützer der totalitären Verfassung der V. Republik, die auf De Gaulle zugeschnitten war, auf:
All-Macht als Staatspräsident; als Chef des Ministerrates; Chef des
Premierministers; Herr über Auflösung der Nationalversammlung; Herr über den Atomknopf; höchster Repräsentant der Außenpolitik ….
Seine Augen und seine Handschrift werden überall zu erkennen sein.
All das wahrscheinlich noch gestützt von einer saftigen Mehrheit im Parlament nach den Legislativwahlen am 10. und 17. Juni 2007.
Der einzige Wind, der ihm entgegen blasen wird, ist der Widerstand aus den von den radikal-rechten Reformen betroffenen Sektoren der Gesellschaft, der sich bereits zu formieren beginnt.

Als am 16. Mai Nicolas Sarkozy gegen Mittag die Schlüssel der Macht und den Geheimcode für den Zugriff auf die Auslöser der Atomwaffen bei einer königlich zeremoniellen Farce von Ex- Präsident Chirac übernahm, hatte er bereits vor Amtsantritt „sozialpartnerschafts-ähnliche „ Schein-Gespräche mit den Gewerkschaftsspitzen hinsichtlich der Aufrechterhaltung eines Minimalbetriebes bei Streiks in öffentlichen Verkehrsbetrieben und in Schulen hinter sich. Die Basis interpretiert dies als Einschränkung und Beschneidung des Streikrechts. Selbst wenn die Gewerkschaftsspitzen sich dagegen aussprechen, wird Sarkozy diese Maßnahme durchziehen.
Noch am Tag des Amtsantrittes musste auch Angela Merkel nach seinem Blitz
Besuch in Berlin anmerken, dass der neu zu reformierende EU-Verfassungsvorschlag „sehr sehr auf Sarkozy abgestimmt“ werden wird. Dieser hatte einen Mini-Vertrag vorgeschlagen, welcher von den übrigen EU-Kommissionsmitgliedern als ungenügend empfunden wird. Der Mini-Vertrag sollte die eingeschränkte Funktionsweise der EU-Institutionen bereinigen (unter anderem einen Übergang vom Einstimmigkeitsprinzip zum Mehrheitsprinzip schaffen …). Diesen neuen Vertrag will er allerdings nicht mehr - wie 2005 unter Chirac geschehen - einer Volksabstimmung unterziehen, sondern vom Parlament abnicken lassen.

Paritätische zum Zentrum und zur SP geöffnete Regierung zu Gnaden Sarkozys

Äußerst rasch hatte er eine einsatzbereite Regierungsmannschaft, um sogar bis zu den Parlamentswahlen schon wichtige Entscheidungen hinsichtlich der Umsetzung seines angekündigten Programms vorzunehmen, auf die Beine gestellt.
Dieses Programm sieht vor: MAI 68 LIQUIDIEREN,
Steuergeschenke für die Reichen; Einschränkung des Streikrechtes; weitere Privatisierungen der Öffentlichen Dienste; Verfolgung der sans papiers; Aushöhlung der 35 Stundenwoche; Ausweitung der prekären Arbeitsverhältnisse; Verschlechterungen im Arbeitsrecht usf.

Neben Ministerpräsident Francois Fillon (er war bereits viermal Minister und rückte im Laufe der Jahre immer weiter nach rechts) gibt es 7 Frauen und 7 Männer in der Regierung (zuvor waren es unter Chirac 30).
Der sozialistische Ex-Minister unter der Jospinregierung Bernard Kouchner hat akzeptiert in der ersten Regierung Sarkozys das Aussenministerium zu übernehmen, wobei er sich einen gewissen Spielraum für eigene Meinung und Entscheidungen aushandeln konnte. Hinsichtlich der ProUS-Atlantikpolitik geht er mit Sarkozy ohnedies d’accord; aber auf anderen Gebieten (z.B. Darfour; Iran; Türkei, Israel/Palästinakonflikt) wird wohl Sarkozy das letzte Wort haben.
Diese narzistische Haltung Kouchners kann der SP für die bevorstehenden Legislativwahlen nur schaden.

Die am 10. und 17. Juni stattfindenden Legislativwahlen werden der UMP-Sarkozys die Mehrheit im Parlament bringen, da das Mehrheitswahlrecht (die Einführung eines teilweisen proportionalen Wahlrechts ist nicht vor 2012 vorgesehen) die zwei großen Parteien, die UMP und die SP in der Stichwahl begünstigen.
Dass einige Zentristen, Kommunisten, Grüne etc. ins Parlament kommen, ist nur möglich, weil es Absprachen und eine Kandidatsaufteilung in gewissen Wahlkreisen gibt.
Trotzdem werden von rechtsextrem bis linksextrem alle Parteien in vielen Wahlkreisen ihre eigenen KandidatInnen aufstellen, denn von den erreichten Stimmen hängen die staatlichen Parteienfinanzierungen ab. Die Wahlkostenrückerstattung gibt es nur für jene KandiatInnen, die 5% der Stimmen erreicht haben.
Warum sogar eine Partei mit 18% der Stimmen beim ersten Wahlgang zur Präsidentschaftswahl nur wenige Abgeordnete erreichen kann zeigt die folgende Bedingung des Mehrheitswahlrechts: UMP und SP treten fast in allen Wahlbezirken bzw. Wahlkreisen an. Jede dritte Partei, die beim zweiten Wahlgang dabei sein will, müsste 12,5% der Stimmenanteile (vorgegebenes Limit) aller Wahlberechtigten eines Wahlbezirkes im ersten Wahlgang am 10. Juni erreichen. Dies bedeutet bei einer Annahme von 25% Enthaltungen, dass 18-19% der abgegebenen gültigen Stimmen
notwendig sind, um beim 2. Wahlgang in einer Dreierkombination dabei sein zu können.
Absprachen von SP mit KP und Grünen haben zu keinem Ergebnis geführt und so treten alle Gruppierungen nebeneinander an. Die KPF wird in 518 der 577 Wahlkreise eigene KandidatInnen aufstellen.

Auch die LCR wird mit eigenen KandidatInnen in 500 Wahlkreisen antreten, die gegen die Sorkozyoffensive auftreten und eine echte antikapitalistische Linksopposition aufbauen helfen.
Um gegen die fatalen Auswirkungen der Maßnahmen Sarkozys zu kämpfen schlägt die LCR umgehend die Bildung einer Einheitsfront aller sozialen und demokratischen Kräfte vor, um den Widerstand so effektiv wie möglich zu gestalten.

Le Pen, von der Nationalen Front hofft, dass Sarkozy seine Wahlversprechen nicht einlösen wird können, da er wirtschaftlich durch die Marktöffnung als Befürworter der EU und der neoliberalen Globalisierung die Auslagerungen nicht verhindern wird können, die Grenzen gegen die Einwanderer nicht dicht machen und keinen Einfluss auf die Europäische Zentralbank nehmen kann. Daher werden dann, so prophezeit er seinen Kritikern in den eigenen Reihen, jene Million WählerInnen, die zu Sarkozy gewandert waren wieder zu ihm zurückkehren. Das wird aber bis zur Juniwahl nicht eintreten. Auch
bei ihm gilt das Motto: jetzt wird für die Legislativwahlen gekämpft; kein Platz für Kritik gelassen und er hat sogar ein Privatflugzeug angemietet, um diesmal (während des Präsidentschaftswahlkampfes hatte er nur wenigen Meetings beigewohnt und die Medienpräsenz bevorzugt) seine 500 KanidatInnen mit seiner Präsenz zu unterstützen.


Was hat zum Sieg von Sarkozy und zur Niederlage von Royal geführt?

Sarkozy hatte seit zwei Jahren, als er den Parteivorsitz der UMP übernahm, diese auf Einheit hinter seiner Person auf harten rechten Kurs eingeschworen;
seine zahlreichen Gegner zum Schweigen gebracht und ein klares radikales Programm vorgelegt und ständig eine offensive Strategie im Wahlkampf eingeschlagen. Er hat die Werte der Rechten, wie: Ordnung; Autorität; Verdienst; Belohnung wieder dazu geführt, dass diese sie offen auszusprechen getrauen. Er scheute sich nicht Anleihe bei Antonio Gramsci zu nehmen, indem er dessen politische Klarsicht hinsichtlich der Machtergreifung zitierte: „ die ideologische und kulturelle Hegemonie gehen der politischen voraus“.

In der SP hatte Francois Hollande, der seit 10 Jahren an der Spitze ist, auch nach der Wahlniederlage von 2002 den Diskussionsprozess über Struktur, Reformen, Programm der SP nicht vorangetrieben. Die 4 verschiedenen Strömungen in der SP hatten immer wieder unterschiedliche Kommentare zu verschiedenen Programmpunkten während der Wahlkampfphase und Ségolène Royal hatte dann noch ihre eigene Meinung. Während des Wahlkampfes war Royal mehr oder weniger von ihren Parteikonkurrenten im Stich gelassen worden.

Die 3 Millionen ZentrumswählerInnen von Bayrou (er selbst hatte nicht aufgerufen Royal zu wählen, sondern nur erklärt, dass er nicht für Sarkozy stimmen werde) sind ihrer rechtszentristischen Schlagseite treu geblieben und haben schließlich zum konfortablen Wahlsieg von Sarkozy geführt. Die 19 Millionen Stimmen für Sarkozy kommen mit
16 Millionen von rechts: Le Pen; Villiers; Sarkozy und die 3 Millionen Entscheidenden kommen vom Zentrum Bayrous.
Trotz der Öffnungsversuche der SP, um Bayrou eine Koalition anzubieten haben die ZentrumswählerInnen zu 42% für Sarkozy und nur zu 38% für Royal gestimmt (20 % haben sich im zweiten Wahlgang enthalten)

Die SP verschiebt ihre kritische Wahlanalyse der wiederholten Niederlage
auf die Zeit nach den Legislativwahlen.
Der Zentrumspolitiker Bayrou, der im ersten Präsidentschaftwahlgang 6,8 Millionen Stimmen erhielt (18,57%) hat inzwischen seine angekündigte Parteiengründung –Die Demokratische Bewegung -vor 2000 Delegierten in Paris vorgenommen und sieht einen Zuspruch darin, dass er bereits in einer Woche 57000 Mitglieder für die neue Partei verbuchen kann.

Die Angriffe Sarkozys „Mai 68 zu liquidieren“ haben zahlreiche Stellungnahmen unter den ehemaligen Akteuren dieser Bewegung hervorgerufen. So von Henri Weber Ex-LCR; jetzt in der Fabius-Strömung der SP; Alain Krivine und Daniel Bensaid; Leitung LCR; Daniel Cohn-Bendit; Grüne…
In der letzten Woche vor dem 2. Wahlgang hatte Sarkozy gesagt:“ Bei dieser Wahl geht es darum, zu wissen, ob das Erbe von Mai 68 weiter bestehen soll oder ob es ein für alle Mal liquidiert werden soll. Ich will die Seite von Mai 68 umblättern.
Auch die heutige StudentInnengeneration reagierte auf Sarkozys Politik mit der Besetzung der Uni-Tolbiac in Paris und auf der Wand war zu lesen:
„ER HAT RECHT; WIR MÜSSEN DIESMAL WEITER GEHEN“

17. Mai 2007
Johann Schögler






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